Nein ist ein starkes Wort


Es geht dem Ende zu - dem Ende einer glücklosen Inszenierung. Gross war der Aufwand, mächtig waren die Ankündigungen und gewaltig war die Angst. Das Publikum ist zum grossen Teil noch gefesselt von all dem was da auf breiter Bühne geboten wird. Es ist einbezogen in das Stück und ist Teil, ist selbst ganz wichtige Rolle in der es aufgeht - denn ohne das Publikum gäbe es das Stück nicht und die Regisseure wären ganz und gar ihrer Existenzberechtigung beraubt.


Das Stück ist laut in manchen Teilen und die Handlungen scheinen verwinkelt. Es hat etwas von Shakespeare, weil es ganz düsteres Drama ist, in dem der drohende Tod das Thema vorgibt, aber das sich in Passagen in seiner ganzen Lächerlichkeit verrät. Und ja, Verrat spielt ebenso eine Rolle wie die Angst. Es ist ein Spiel um Macht und Verstrickungen. Es ist eines der grossen alten Dramen von der Furcht und wie man sie nutzt um eine Schwäche zu kaschieren. Es ist ein Königsdrama dessen Ausgang noch ganz offen ist. Und wenn dieses Drama mit dem Fall des letzten Vorhanges endet, werden unsichtbar für den Zuseher, bereits die neuen Kulissen für das nächste Stück aufgebaut! Niemand verlässt den Raum. Alle bleiben sitzen. Das hat man immer so gemacht. Das ist Tradition. Das tut man gerne, vor allem dann, wenn die Aussicht besteht, das das nächste Stück ein besseres sein wird.


"Die Kraft eines Riesen zu besitzen ist wunderbar. Sie wie ein Riese zu gebrauchen ist Tyrannei." So schrieb Shakespeare und dass es wahr ist was er schrieb ist wohl ganz ohne Zweifel. Auch dass der Tryann, wen oder was immer man dafür halten mag, selbst nur auf einem gläsernen Thron sitzt und die Angst ihn wieder zu verlieren das Herz schwer macht, auch darüber geht es in manch seinen Stücken ."Nein" ist ein starkes Wort und dieses Wort wird von all jenen gefürchtet die Macht über andere haben! Sie fürchten dieses eine Wort, weil es, so es den ersten bewusst über die Lippen kommt, zum Flächenbrand ausarten kann. Da ist kein Halten mehr, weil das "Nein" der Beginn jeder echten perönlichen Revolte ist - also einer Bewegung die aus dem Individuum selbst hervor bricht, die keine Gallionsfigur braucht, sondern aus jedem einzelnen selbst entsteht!

Dieses "Nein" ist der Beginn einer eigenen Kurskorrektur. Es ist wahrer Widerstand und nichts fürchtet die Macht mehr als eben dieses kleine, grosse Wort - denn es ist eigentlich den Machthabern vorbehalten und nichts für das gemeine Volk! "Nein" meint eine Abkehr. Es meint, den Fokus von der Macht abzuziehen und ihn auf etwas zu lenken das wichtiger ist. Die Furcht der Macht, und das ist so ungemein erhellend so man es begreift, ist nicht der "Widerstand", also die Bewegung "gegen" sie, denn gegen so eine Bewegung kann ja mit allen Mitteln der Macht vorgegangen werden! Die eigentliche Furcht der Macht meint die Abkehr von ihr! Sie will ja nicht verlassen werden! Sie ist wie die Furcht der Religionen, die ja auch nicht im Widerstand gegen sie begründet ist, also in einer Art "Gegenlehre" oder ähnlichem! Sie gründet sich auf Gefahr der Abkehr! Denn alles innerhalb eines Systems, egal ob zustimmend oder ablehnend liegt immer noch innerhalb des Machtbereiches des Systems! Aber wehe wenn die "zuvor Gläubigen" in Scharen dem System abhanden kommen! Wehe wenn sie die Gebäude der Macht verlassen! Wehe wenn sie dem Machthaber die ihm grossmütig gestifteten Wohltaten, die Kleider und Werkzeuge vor die Füsse werfen und gehen! Wehe wenn die Besucherzahlen sinken oder das Theater ganz leer bleibt! Da ist die Angst gross und die Panik greift rasch um sich und beisst grosse Löcher aus dem Machtapparat! Schnell wird die Drohnung zum Betteln und das Betteln wieder zur Drohung! Rasch wird auch aus der Drohung ein Jammern, und dass man es nicht so gemeint hätte und man sich bessern würde. Ein Jämmerlicher Versuch!


Um die Macht zu zerschlagen muss man wissen woraus sie besteht! Um sie auszuhungern muss man wissen wovon sie sich ernährt! Um sie in die Knie zu zwingen muss man wissen worauf sie sich stützt! Die Antworten sind einfach: Sie besteht aus uns! Sie wird von unserem Fokus ernährt! Sie stützt sich auf uns um gross zu sein! Ohne uns gäbe es sie nicht! Wir selbst sind die Gefängnisse, die Paläste, die Insignien dieser Macht! Wir verleihen sie nicht nur - nein wir SIND sie! Darum ist dieses "Nein" ein so mächtiges Wort - weil es nicht den innersystemischen Widerstand meint, denn diesen könnte man leicht brechen! Es meint, dass man Partnerschaft aufkündigt, dass man den Machthaber verlässt, dass man sich auf Dauer verweigert und seinen Fokus wieder auf eigenen Weg und eigenes Ziel zu lenken wagt! Es ist, als erkenne man im Augenblick, dass man im Theater sitzt das man für die Wahrheit gehalten hat, weil Vater und Mutter es vielleicht ebenso getan haben. Es ist, als erwachte man mit einem Male und blickte blinzelnd um sich, mit Staunen erkennend, dass einen weder das Theater, noch das Stück samt Darstellern und Publikum interessieren!


So wie man Vertrauen entziehen kann oder Aufmerksamkeit - ebenso entzieht man Macht! Es ist das selbe Prinzip! Es ist die selbe Wirkweise weil Vertrauen, Aufmerksamkeit und Macht nur unterschiedliche Wörter für ein und die selbe grundelgende Basis sind: FOKUS! Und der Fokus ist aus Energie gemacht, aus unserer Lebensenergie!


Es mag uns vielleicht nicht bewusst sein, aber wir selbst sind es, die Tag für Tag Macht verleihen und dass wir sie auch ebenso entziehen könnten! "Nein" ist ein starkes Wort!

Es kann der Beginn eines persönlichen Prozesses sein, innerhalb dessen wir unsere zersplissenen Lebensfäden wieder zu einem starken Seil werden lassen!

Es kann der Anfang eines Endes sein - ein Ende des Machtmissbrauches und des emotionalen und energetischen Sklaventums!

Es kann sogar der Aufbruch in eine neue Welt sein, in eine Welt in welcher wir endlich die "Macht" in "Kraft" gewandelt haben - eine Welt die neu ist, gut und klar, und die ganz ohne die Tyrannei ängstlicher Riesen ist!


bis bald

herzlichst


Georg