Oberflächenspannung


So ist sie die Oberfläche - spannend, eine gewisse Zeit lang zumindest. Aber für den, der nach Tiefe sucht, nach Sinn und Herz und auch nach Seele, dem wird die Zeit knapp! Bald schon verliert die Oberfläche eben jene Spannung, die sie zu Beginn unseres "in die Welt geworfen seins" noch hatte. Wenn die Oberflächenspamnung flöten geht, und das passiert, dann wird es elend. Natürlich war man bemüht die Spannung auch selbst aufrecht zu erhalten, also gar nicht nur man selbst sondern auch die Gesellschaft als Ganzes. Wie? Nun, indem man der Oberfläche etwas zugeschrieben hat was ihr von Natur aus nicht eigen ist: Tiefe! Es wird aber so getan als ob, dennoch ist die Oberfläche flach, nichtssagend genaugenommen und öde, eine Wüste, zunächst nur eine leere Bühne. Und weil sie so ist und der "moderne Mensch" nichts mehr von Tiefe weiss (sie aber instinktiv weiterhin sucht) und Wüsten fürchtet ebenso wie leere Bühnen, versieht man die blankpolierte Oberfläche mit allem möglichen und unmöglichen das sie uns weiter spannend machen soll. Denn wenn wir erkennen dass da eigentlich nichts ist, dann ist das erschreckend und frustrierend und das vor allem deshalb, weil es an Alternativen fehlt. Also neue Kulissen und Rollen, Inszenierungen und Stücke, Kostüme, Tand und Zeugs und falscher Donner und all das andere Gelogene das so tut als wäre es das Leben.

Die Oberfläche ist laut und schrill. Sie blökt. Sie ist voll von Konsumspiritualität. Man tut so als ob. Man setzt sich in Szene. Man bläht sich auf, mit bunten Kleidern das Nichts das man ist grad so bedeckt, badend im Exotischen oder was man gerade dafür hält. Dabei ist das alles leicht zu durchschauen wenn man es wagt. Das fällt doch auf, dieses "abgrasen" der Angebote, dieses sich stürzen auf jeden hype! Das ist doch nicht zu übersehen und zu überhören wo das eigene Ego sich wohl fühlt! Das ist doch auffällig, wie sich da hinter diesen lächerlichen Floskeln versteckt wird, wie da getan wird als wäre man die reine Liebe in Person, triefend vor Verständnis für fast alles und fast jeden, aber eben nur fast! Wenn man ein klein wenig ehrlich zu sich selbst ist weiss man ja dass man im Theater ist! Das ist doch nichts neues, nur spricht man es nicht gerne an bzw. aus. Man will ja kein Sonderling sein, besonders schon, das ist was anderes.

Ja, ich weiss schon, jetzt zieht er gleich wieder über das "esoterische Trallala" her - nein, tue ich nicht, denn wenn das schon vermutet wird, meint das ja auch dass man es selbst bereits begriffen hat, es aber nicht zusätzlich auch noch bestätigt haben will. Ja, ich weiss schon, immer "dieses kritische Betrachten der Welt", immer dieses unangenehme "infrage stellen". Muss denn das wirklich sein? Muss der da immer Unruhe stiften? Missioniert der gar? Nein, keine Angst, das hat nichts mit Missionierung zu tun, nicht mal mit Aufklärung denn das steht mir gar nicht zu. Das ist alles nicht mal als Wertung gemeint und soll wirklich niemanden schlechter oder besser machen! Ich will nur erklären warum ich bin wie ich bin, warum ich sage was ich sage und warum ich tue wie ich es eben tue und warum ich verdammt nochmal nie und nimmer zurück auf diese Oberfläche kann! Ich kann es nicht, selbst wenn ich es wollte! Es ginge nicht! Warum? Weil für den der die Tiefe erfahren hat der Weg zurück ein unmöglicher ist! Das ist keine "Meinung"! Das ist eine "Haltung" und zwar eine Haltung die ich mir nicht von aussen angeeignet habe um zu glänzen, sondern die in mir, ganz in und aus meiner Tiefe gewachsen ist und die es mir ganz einfach verunmöglicht, bei dem ganzen oberflächlichem Gelalle mitzuspielen oder das schlechte Theaterstück auch noch zu beklatschen! Und ich weiss und das mit Gewissheit, dass da viele sind denen es eigentlich auch unmöglich ist, denen das ganze affektierte Getue sowas von auf den Keks geht und gegen die Vernunft und das Herz sowieso! Aber man wagt es nicht auch zu sein was man ist und sperrt sich ein, damit kein Unfriede entsteht, damit die Oberfläche weiter bleibt was sie ist: ein grosses Theater! Eine lächerliche Inszenierung mit unzähligen Schauspielern, mieserablen obendrein! Man weiss nicht wohin mit sich, mit seiner Erkenntnis, seinen Zweifeln oder gar mit seiner Enttäsuchung. Schon verständlich dass man dann, wieder bessere Erfahrung weiter macht wie bisher oder es versucht, auch wenn einem das Lächeln einfriert und es einem eigentlich danach wäre das Weite zu suchen und zwar flott - doch wohin? Die Oberfläche scheint unendlich in ihrer Ausdehung und neuerdings baut man auch nach oben gewaltig aus um dann, auf dem höchsten Konstrukt stehend, stolz nach unten blickend sagen zu können - "siehe, hier ist die Tiefe" - nö ist sich nicht. Das ist nur "Höhe" und unten der "Boden" - dazwischen eine Projektion, mehr nicht. Man begnügt sich dann damit die Projektion, das Konstrukt, die selbst aufgebauten Kulissen zu erforschen und zu erklären. Naja.

Aber die wikliche Tiefe! Das meint Seele, das meint andere Richtung, das meint Reduktion auf das Wesentliche um eben Wesen erfahren zu können, also sich selbst! Nicht Wort auf Wort sondern auch Tun auf Tun! Der Mangel an Tiefe, den spüren wir stark, viele und immer öfter! Aber dieser unangenehme Mangel ist zugleich Ansporn und Anreiz, ist beinahe zwingende Initialzündung um sich auf den Weg zu machen! Und das ist wichtig, das Gehen, die Bewegung, dem guten Weg folgend und als Ziel die befreite Seele im Herzen tragend! Da entsteht wirkliche Freude und wahres Empfinden der Gegenwart! So Viele sind auf der Suche und haben dabei die Oberfläche schon lange abgegrast und manche suchen nach der Tiefe ganz ohne es zu wissen!

Mehr und mehr wird einem bewusst dass diese Suche, so sie nach wahrer Tiefe strebt, mehr als nur kurzfristige Ablenkung ist! Man begreift dass sie uns in den Genen liegt, dass sie Sinn ist und Mittelpunkt, dass das Suchen und Finden eins werden wenn man sich aufmacht und so seiner Existenz wahren Sinn gibt! Wenn man es wagt ehrlich zu sein, und das ist ein echtes Wagnis, dann ändert sich der Blick auf die Oberfläche! Man steht still, nur einen Moment und lässt den Lärm und das bunte Treiben um einen aus dem Fokus fallen indem man sich der Tiefe zuwendet. Es ist, als stünde man auf einer Schicht aus Eis das klar wie Glas ist und den Blick in die Wunder der Tiefe erlaubt. Es ist, als würde man sich dieser trennenden Schicht und ihrem alles Glück verheissenden Darunter zum ersten Mal bewusst! Es ist, als trete eine Chance ins Leben, einmalig und gross, wie das Leben selbst einmalig und gross ist! Es ist, als hätten die Augen zum aller ersten Mal seit wir sie blinzelnd geöffnet haben, wirklich etwas zu sehen! Denn dort in der Tiefe, nur getrennt durch das Eis, das Glas, den Verstand und die Verallgemeinerung der Oberfläche liegt das Wunder des SELBST. Dort unten liegt alles was wir sind! Die Bewegung die es braucht um dorthin zu gelangen ist aber eine ganz andere als jene, welche wir gelernt haben um die Oberfläche nach Sinn abzugrasen. Es ist nicht die Bewegung der Horizontale sondern die des Abtauchens, nach unten, in die Tiefe die nicht dunkel ist sondern die ganz aus Licht besteht und keine Schatten kennt. Wir durchdringen die Oberfläche in den heiligen Räumen, in den Schwitzhütten (so sie nicht der Oberfläche angepasst und zu reiner Bespassung verdorben sind), in den rituellen Räumen die uns gemeinsam mit unseren Ahnen einen Übergang eröffnen durch den wir zu uns finden! Es gibt Werkzeuge um die trennende Schicht zu überwinden und sie sind uns gegeben, ans Herz gelegt und anempfohlen von jenen die wissen, die seit jeher in der Tiefe sind und aus ihr sprechen und wirken! Ihnen gehört mein ganzer Respekt! Ihnen danke ich von ganzem Herzen! Ihnen, die sie meine Lehrer und Freunde mehr noch, die sie mir Brüder und Schwestern sind vertraue ich mit jeder Faser meines Seins! Sie sind die Hüter und Bewahrer und sie sind bescheiden, trotz oder gerade wegen der unendlich liebevollen Kraft die sie im Herzen tragen! Sie sind es die mir, und das ist schon sehr lange her, die Augen für die Lächerlichkeit und Überheblichkeit der Oberfläche öffneten und mein Herz für die Wahrheiten der Tiefe gewonnen haben! Ihnen verdanke ich meine Haltung, sie zeigten mir den Weg, sie zerschlugen mir die spiegelnde Oberfläche was auch schmerzhaft, aber eben darum mehr als nötig gewesen war! Ihnen bin ich verpflichtet und nicht der Oberfläche!

Was wir suchen liegt in der Tiefe und nirgendwo sonst und wenn wir ehrlich zu uns sind, nur einen kleinen Moment lang, dann wissen wir dass es wahr ist und dass es eigentlich nichts gibt das uns davon abhält unsere Reise zu beginnen! Nur etwas bremst uns vielleicht ein wenig und zwar die Angst, was wir alles zurücklassen da auf der Oberfläche - nun, nichts das wir in der Tiefe vermissen würden, nicht das geringste!

Aho!

herzlichst Georg