Krieg und Fritzchen

Fritzchen redet gern über den Krieg, aktuell über den in der Ukraine. Und Fritzchen weiß natürlich ganz genau was Sache ist, weil das Fritzchen ja wirklich alle Dokumentationen über den zweiten Weltkrieg gesehen hat und Bücher darüber hat er auch gelesen. Fritzchen kennt sich auch prima mit Strategie aus, weil er Paintball spielt und auch in diversen Onlinewargames ganz vorne mitmischt. Fritzchen ist Experte.


Fritzchen weiß auch alles übers Kriegsgerät das da zum Einsatz kommt und über Waffen auch. Da hat er sich richtig reingearbeitet und dieses und jenes hat er zuhause sogar als Dekowaffe an der Wand hängen. Er kennt jedes Modell und alle "Spezifikationen" - da kann er Vorträge drüber halten, über "Reichweite" und "Durchschlagskraft". Fritzchen ist gut in Zahlen.


Fritzchen kennt sich auch aus mit den Guten und den Bösen und er weiß dass einer immer der ganz Böse ist, das weiß Fritzchen aus den Hollywoodfilmchen die er schon als kleiner Junge gefressen hat. Und dass man das „Böse“ mit allen Mitteln zu bekämpfen hat und dass der Zweck schon mal auch die Mittel heiligt, das weiß Fritzchen nur zu gut.


Fritzchen ist auch immer top informiert, weil er in diesen und jenen Foren vertreten ist und brav aufsaugt was andere Fritzchen da hineinschreiben, anonym versteht sich und ganz in Sicherheit wenn es da mal verbal hoch her gehen sollte. Und seine Weisheit die Fritzchen sich so zusammengetragen hat, an der lässt er auch andere gerne teilhaben - vorwiegend in den Onlineforen der Massenmedien, anonym wieder, sicher und aus der Deckung heraus. Da gibt er gerne seine Kommentare ab und freut sich über die „likes“ die er bekommt - das sind seine Orden.


Fritzchen kann da mit tollen Worten punkten die er gehört hat. Er schreibt „Sniper“ und meint „Scharfschütze“ und er schreibt „Tank“ und meint „Panzer“. Fritzchen kennt sich aus mit dem Krieg. Fritzchen schreibt: „jetzt bekommen sie eines auf den Deckel!“ oder er tippt „jetzt zeigen sie’s Ihnen!“ - meint auch sich selbst dabei und freut sich.


Was Fritzchen aber nicht weiß, was er nicht wissen will, oder was er einfach nicht verstehen und begreifen kann weil es weit über seinen Intellekt und Horizont hinaus geht ist, dass „es ihnen zeigen“ genau genommen individuellen Tod meint und dass „eins auf den Deckel bekommen“ tausendfaches Sterben und tausendfaches Leid bedeutet.


Fritzchen begreift nichts von alldem. Er sieht es nicht: das Blut, das Leiden, die Witwen, die Mütter und Väter die vergebens auf die Rückkehr ihrer Söhne warten. Und auch von den Waisen weiß er nichts. Fritzchen hat keine Ahnung was „Trauma“ ist oder was ein WIN308er Kaliber anzurichten imstande ist, von Streubomben und Granaten ganz zu schwiegen. Fritzchen will auch nichts wissen von abgetrennten Gliedmaßen, vom Bauchschuss an dem man elend krepiert und dass das letzte Wort des sterbenden Soldaten, egal auf welcher Seite er kämpfte, „Mama“ ist - egal in welcher Sprache. Und auch die Trauer kennt er nicht, nicht diese Art.


Fritzchen ist dumm wie der Krieg. Fritzchen ist nicht tapfer. Fritzchen ist feige.


Es gibt zu viele Fritzchen. Viel zu viele. Fast jeder von uns kennt so einen. Sie mögen andere Namen haben, aber im Kern leben sie das selbe Muster. Und wem es noch nicht aufgefallen ist: Es sind in Masse die Männer die sich da besonders hervortun, die sich für Uniformen und Paraden, für Kriegsgerät und Waffenwirkung, für Heldenmut und Soldatenehre begeistern. Es ist eine Männeridiotie. Es ist ein Männerwahn dass es in einem Krieg Sieger gäbe - denn jeder Krieg ist eine totale Niederlage - für alle!


Im Krieg gibt es keine Sieger. Es gibt nur Überlebende und Tote.


Ich hab diese "Fritzchen" oder wie auch immer sie heißen mögen satt. Mehr ist dazu nicht zu sagen.


Ich bin für den Frieden.

Georg