Bunkerstimmung


Bloss keine Bunkerstimmung jetzt! Es ist nicht einfach, das wissen wir alle, mehr noch - es ist sogar recht schwierig. Vor allem dann wenn einem der Witz ausgeht und man so ziemlich alles an Ablkenkungsvorrat verbraucht hat. Toilettenpapier haben wir genug, aber mit dem Sinnvorat schaut es bald mager aus. Irgendwann sind alle Schubladen sortiert, alle Bücher geordnet, alle Papiere ausgemistet und alles geputzt! Irgendwann sind auch alle Zimmerpflanzen mit Namen versehen und entsprechend versorgt. Man hat endlich mal dies oder jenes zu Ende gebracht. Man weiss wieviel Fliessen der Küchenboden hat und dass die Töpfe nicht mehr glänzen können als sie schon tun. Man hat den Müll nach Eigenschaften, Farbe und Geschlecht getrennt, jeden Blödsinn im Internet gut gefunden, über alles ausreichend gelacht das lustig war und sogar den Telefonspeicher von Jenen befreit, mit denen man ohnehin nichts mehr zu tun haben wollte. Irgendwann ist man fertig mit ALLEM sogar mit sich und der Welt, das braucht manchmal kein ganzes Leben sondern nur eine Woche.

Man fühlt sich alleine - nun, man IST es ja auch irgendwie! Trotzdem: Es ist nicht ganz so schlimm! Wir sind nur für ein paar Runden vom Spiel ausgeschlossen! Und in uns ist weit mehr an Raum als er im Aussen jemals sein könnte! Jetzt haben wir die Möglichkeit diese Weiten zu ergründen, vielleicht sogar zum ersten mal! Jetzt da die Ablenkungen des gewöhnlichen Alltages bei Vielen wegfallen, wäre die Zeit da um das eigene Land das man ist zu erkunden! Was für eine Aufgabe! Wir sind nicht "eingesperrt" - wir sind nur "ausgesperrt" vom täglichen Wahn der Routinen!


Vielleicht stellen wir in diesen Tagen fest, dass wir "das Aussen" niemals wirklich ganz selbst gewesen sind. Vielleicht fällt uns auf, dass es Rollen waren die wir spielten, manchmal besser, manchmal schlechter, manchmal vor viel Puplikum und ein ander mal vor leeren Rängen. Es waren grosse und kleine Rollen, hie und da waren wir auch nur Statisten. Es wird uns klar, dass die Dramen deren Hauptdarsteller und Regisseure wir in einer Person waren, zum Teil eigentlich lächerlich und nichtig gewesen sind. Was vor Kurzem noch so ungemein wichtig war, was uns als Mittelpunkt des Lebens, ja sogar zur Definition und Rechtfertigung der eigenen Existenz diente brach weg! Und was geschah? Weder hörten wir auf zu SEIN noch sind wir verhungert oder daran seelisch zu Grunde gegangen! Wir atmen noch, auch wenn es bei manchen Schnappatmung ist weil das Ego keinen Ahnung mehr hat woran es sich festmachen könnte. Aber: Nicht viel ist da passiert - denn genau genommen wurden und werden wir nur daran gehindert irgend eine FUNKTION auszuüben! Das Theater hat vorläufig dicht gemacht, die Vorstellungen fallen aus. Manche Rolle kann nicht mehr gespielt werden weil das ganze Stück vom Spielplan gestrichen ist! Und das ist ganz gut so. Es ist eine Pause eingeläutet und zwar die Grosse! Die Erde atmet durch - das sollten wir auch tun bei der Gelegenheit!


Wir haben jetzt die Chance vor allem den Unterschied zu erkennen, den grossen Unterschied zwischen dem was wir TUN und dem was wir SIND! Das TUN kann Einschränkung erfahren, das SEIN niemals! Wer das begreift, dem trennt sich die Welt, dem klärt sie sich, dem entmischt sich das Chaos und gerät zu neuer Ordnung! Wer JETZT, da es uns beinahe aufgezwungen ist, den Unterschied versteht, der wird ganz neu in eine Welt treten die nicht mehr die selbe sein wird! Und sie wird mit Sicherheit nicht mehr die Selbe sein, aber nicht aufgrund diverser Veränderungen im Umfeld, sondern weil man selbst geläutert, geklärt und mit neuer verinnerlichter Weltsicht ins Licht treten wird und dann sagen kann: "Ich habe gelernt zu SEIN! Ich SPIELE nicht - ich BIN!"


Jetzt ist wirklich nicht die Zeit für Bunkerstimmung! Jetzt ist die Zeit des Lernens, die Zeit der Vorbereitung und des sich Erinnerns an sich selbst! JETZT ist die Zeit dafür und nicht irgendwann, denn nie zuvor waren wir in einer Situation wie dieser! Früher, da bestimmten wir selbst inwieweit und wann (es uns grad in den Kram passte oder nicht) wir abzugeben, zuzulassen und abzulegen bereit waren! Und nie hätte die selbstgewählte Kastration des Egos (und das ist es was da eigentlich geschieht!) dieses Mass erreicht! Das musste schon von aussen kommen, denn wir selbst, wir sind immer zu milde mit uns selbst wenn es um Beschränkung geht! Wir gehen immer nur bis zur Brücke aber überqueren sie nicht und jammern dafür ausgiebig über das nie erreichte andere Ufer!


Bei allem was an Üblen geschieht und das man wohl wahrnimmt, bleibt man Selbst immer noch das wichtigste Projekt dem man verpflichtet ist! Vielleicht haben wir uns vergessen. Vielleicht haben wir uns verloren. Vielleicht haben wir Dinge die dafür nie gedacht waren in den Mittelpunkt unseres Seins gerückt, ganz im persönlichen wie im allgemeinen auch. Ich weiss es nicht, es ist Mutmassung aber doch ziemlich nahe an der Wahrheit denke ich. Aber mit SICHERHEIT haben wir JETZT die Chance uns zu verändern! JETZT haben wir die Möglichkeit zur Kurskorrektur und nicht irgendwann! JETZT ist die Zeit um wieder auf den guten Weg zu finden! Diese Chance ist neu und einzigartig in dieser Form! Wir sollten sie nutzen.


Im Bunker sassen wir die ganze Zeit zuvor, wir haben es nur nicht mehr gemerkt. Gut eingerichtet hatten wir uns in unseren Bunkern, mit bunten Bildern an den Wänden und die Regale voller trügerischer Hoffnungen. Aber jetzt sind die Tore der Bunker weit aufgrissen worden und das Licht fällt blendend über den ganzen Unsinn den wir angesammelt haben in all den Jahren, über all die Gererationen! Es scheint uns, dass die Sicherheit, die ja nur die des Bunkers war, bedroht wird - und ja, das wird sie auch! Denn sie ist nur eine "Bunkersicherheit" und deren natürlicher Feind heisst "Freiheit"!


Noch sind wir wie geblendet, aber macht Euch bereit hinaus zu treten ins Freie und in die Freiheit! Die Tore werden sich wieder schliessen! Nutzt die Zeit! Es liegt an Euch, an Dir und auch an mir - es liegt an jedem Einzelnen! Und wenn der Sog den wir erzeugen werden gross genug ist, dann werden andere folgen und wir alle, ganz ohne Ausnahme werden uns irgendwann an die Zeit der Bunker erinnern und darüber ungläubig lächeln, weil es uns wie ein Märchen aus uralten Zeiten scheinen wird!



auf bald


herzlichst

Georg